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Die Zukunft einer Illusion

Über fünf Jahre Krieg im Irak und den tradierten Blick des Westens auf den Orient

von Thomas Uwer

»[Sie] brachen in die Stadt ein wie ein reißender Strom.... trampelten mit ihren Schuhen in die Moschee... sie behandelten die Bücher und koranischen Schriften wie Müll, schmissen sie auf den Boden und traten darauf... Sie sind Feinde der Religion, maliziöse Sieger, die sich am Unglück der Besiegten erfreuen, wütende Hyänen, und ihrer Natur nach hartherzige Bastarde.«

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Klagen wie diese klingen vertraut. Sie sind das Begleitgeräusch des Konflikts mit dem Islam, auch wenn hier ausnahmsweise mal nicht amerikanische Soldaten gemeint sind. Die Aggressoren hier sind vielmehr napoleonische Husaren und es klagt nicht der Muslim-Rat, sondern der 1754 geborene Chronist Abd al-Rahman al-Jabarti, der den Ägyptenfeldzug Bonapartes und die Niederschlagung des Kairoer Aufstandes vom Sommer 1798 beschrieb, an dessen Spitze bereits damals eine politisierte Geistlichkeit stand, die den Djihad als heilige Pflicht aller gläubigen Muslime predigte. Wie der Krieg in Irak und Afghanistan, so galt derjenige des napoleonischen Expeditionscorps gegen die Mameluken bereits als einer der Ungläubigen gegen die Heiligen Stätten. Und ebenfalls wie der Irakkrieg heute, so galt Napoleons Expedition damals als Schlüsselereignis - nicht nur, was die Zukunft des Orients, sondern auch die der französischen Republik anging, die nur ein Jahr nach der Niederschlagung des Aufstands von Kairo durch den Einmarsch Napoleons in Paris beendet wurde.

Die bildliche Bearbeitung sollte länger dauern. Etwa zehn Jahre später, Napoleon hatte sich längst zum französischen Kaiser ausgerufen, erregte Anne-Louis Girodets Gemälde »Die Revolte von Cairo« in Paris einen Skandal. Das Bild zeigt die tumulthafte Szene vorpreschender Husaren, die in eine Meute muslimischer Verteidiger hineinstoßen. Im Vordergrund und deutlich hervorgehoben hält ein nackter Araberkrieger den sterbenden Bey, Sinnbild des zu Fall gebrachten Mamelukenreiches, den Fuß auf den Torso eines enthaupteten Husaren gestützt, dessen Kopf ein schwarzer Sklave noch in der Linken hält, während er mit einem Säbel in der Rechten dem Ansturm der Franzosen standzuhalten sucht. Die Verwirrung, die das Bild in den Pariser Salons auslöste, ist verständlich: Nicht der Husar, dessen Gesicht im Halbdunkel bleibt, sondern die barbarischen Verteidiger - ein sterbender Mamelukenprinz, ein nackter Araber und ein Sklave - sind Girodets Helden, die noch als blutrünstige Barbaren mehr »humanité« besitzen, als die gesichtslosen Aggressoren.

Es ist diese Szene, Girodets blutiges Tumultbild, und keines der orientalistischen Gemälde Ingres’ oder Giromes, die den historischen Umbruch bezeugt, der von dem ihm zugrundeliegenden Ereignis ausging; und es ist das von ihm gezeichnete Bild des »Orientalen«, das sich nachhaltiger in das reale Verhältnis zwischen Orient und Okzident eingeschrieben hat, als alle nackten Odalisken und schwülen Dampfbadszenen, auf die sich die »post-koloniale« Kritik seit Edward Said als Beleg gerne stützt. Mit der französischen Expedition in Ägypten beginnt das europäische Zeitalter in Nahost als eine Geschichte des Scheiterns und fortwährenden Krieges.
Schon Napoleons Feldzug endete bekanntlich im Debakel. Nichtsdestotrotz besiegelte er das Ende der Mamelukendynastie und mit ihr eine über Jahrhunderte wirksame Herrschafts- und Gesellschaftsform, deren einst so erfolgreiche Kriegstechnik derjenigen des republikanischen Frankreichs hoffnungslos unterlegen war. Der niedergeschlagene Aufstand von Kairo stellte den Beginn des modernen Zeitalters im Nahen Osten dar. Dessen Ursprung, und damit auch derjenige nationaler Bewegungen in Nahost, lag im Krieg mit den Eroberern, in jenem verzweifelten Widerstand gegen eine technisch überlegene Zivilisation, dem Girodet in der Dreigestalt von Prinz, nacktem Krieger und Sklaven ein Gesicht gegeben hat.

Über den Blick des Abendlandes auf den Orient, dessen semantische Struktur sich in die Wirklichkeit eingeschrieben hat, ist viel gesagt worden. Das Bild des exotischen Orientalen, wie es in den Haremsbildern Ingres’ gezeichnet wird, hat, so die mittlerweile hegemoniale Interpretation, das Verhältnis des kolonialen Europas zum kolonisierten Orient bestimmt und ist auf diese Weise in die orientalischen Gesellschaften selbst sedimentiert. Zumindest für Girodets Bildnis des Orients gilt dies uneingeschränkt - das von ihm entworfene Verhältnis zwischen Aggressor und Verteidiger hat sich als wirkungsmächtiges Erklärungsmuster für den seitdem schwelenden Konflikt zwischen dem Nahen Osten und der westlichen Welt durchgesetzt und kehrt wieder in den auf Postern und Postkarten weltweit verbreiteten Bildern palästinensischer Kinder, die mit Steinen bewaffnet israelischen Panzern entgegentreten, oder im Victory-Zeichen der verwundeten und besiegten Terroristin. Und so sehr sich die arabischen Herrscher auch bemühten, sich ein anderes, siegreiches Bild der Geschichte zu geben und Nebukadneza oder Saladdin, den Eroberer Jerusalems, beschworen, es war das Bild des heroischen Verteidigungskampfes und der Niederlage gegen eine hoffnungslos überlegene Kriegsmaschinerie, das zum Mythos nicht nur westlicher Betrachtung, sondern der nahöstlichen Welt selbst geworden ist, und mit dessen Hilfe noch die grausamsten Regimes ihren Bevölkerungen die schlimmste Verelendung als kollektive Aufgabe aufbürden und gleichzeitig ihren Militärapparat auf neuestem Stand halten konnten.

Dass dies Verhältnis von Grund auf verändert gehörte, darin lag die Hoffnung, die sich mit dem Sturz der irakischen Diktatur vor fünf Jahren verband. Die Befreiung der irakischen Bevölkerung vom Ba’th-Staat sollte nicht nur der Tyrannei des »arabischen Sozialismus« Saddam Husseins ein Ende bereiten, sondern darüber hinaus die internen Strukturen der Unterdrückung in den arabischen Staaten offenlegen und damit beispielhaft für die Möglichkeit stehen, ein besseres und freieres Leben bereits im Diesseits zu erreichen. Diese Hoffnung ist - vorerst - enttäuscht. Korruption, Armut und Kriminalität, Bandentum, Stammeswirtschaft und Islamismus prägen das Bild des heutigen Irak, mal mehr, mal weniger, als sie das der palästinensischen Gebieten oder der Elendsquartiere Teherans prägen. Daß es andernorts nicht viel besser aussieht ist indessen kein Trost, stand doch zu hoffen, daß sich mit der Befreiung Bagdads auch dort die Verhältnisse zu einem besseren kehren. Und doch ist das von Girodet erstmals populär in Szene gesetzte Verhältnis zumindest in Frage gestellt. Denn trotz aller offenkundigen Rückschläge funktioniert das tradierte Bild vom Orient nicht mehr und auch wenn, was derzeit entsteht, noch keine Skizze für ein neues Bild erlaubt, so wird doch deutlich, das nichts am alten mehr stimmt.

Es sind, zu allererst, im Irak nicht heroische Krieger, die im Zentrum der gesellschaftlichen Entwicklung stehen. Kein Held der dem Ansturm trotzte, kein Che, der die Guerilla in den Bergen führte. Weder zur Befreiung des Irak von der Diktatur im Frühjahr 2003, noch später stand ein irakischer Volkstribun bereit. Jene aber, die sich seit dem Sommer 2003 mit Selbstmordattentaten und Enthauptungen gegen eine Neugestaltung der Lebensverhältnisse zur Wehr setzen, sind selbst im engsten Sinne des Wortes »Gesichtslose«, die verhüllt oder vermummt für einen wütenden Terror stehen, der vernichtet, was zu verteidigen er vorgibt. So uniform und wenig facettenreich wie ihr Bartschmuck fällt auch das Repertoire ideologischer Zielvorstellungen aus. Zwischen den einzelnen Fraktionen bewaffneter Politkriminalität, die zuerst das Zentrum des Landes und dann sukzessive auch den Süden unsicher machten, ist der ideologische Unterschied gering genug, um ein stetes Überlaufen der Anhänger zu ermöglichen.
Zum Höhepunkt des sogenannten Widerstandes traten über 40 verschiedene bewaffnete Gruppen öffentlich in Erscheinung - meist per Selbstbezichtigung. Die Mehrheit davon war bereits dem Namen nach erkennbar islamistisch, andere waren Ba’thisten, bei einem beträchtlichen Anteil aber blieb die ideologische Ausrichtung für immer unklar. Das lag auch daran, daß die Grenze zwischen normalem Gewaltunternehmertum und politisch bzw. religiös motiviertem Terrorismus fließend blieben, eine nationalistische Gruppe je nach Lage auch religiös werden konnte und alle zusammen von krimineller Kapitalakkumulation leben. Wer kein Dorf und keinen Stadtteil kontrollierte, aus dem sich Geld pressen lässt, der schlug sein Lager am Rande einer Überlandstraße auf und wartete dort auf Einkommen. Die immer grausameren Taten der Djihadisten in den Jahren 2004 und 2005, die gleich Dutzenden Opfern die Köpfe abschnitten, hatten ihren Ursprung sicherlich auch in dem verzweifelten Bemühen um Distinktion gegenüber den übrigen Gruppen, die mordend das Land durchzogen.
Von einem schwindenden Anteil internationaler Djihadisten und überzeugter Ba’thisten abgesehen rekrutierte der sogenannte Widerstand seine Klientel im Wesentlichen auch nicht durch Überzeugung, sondern mit Hilfe von Begünstigungen. Wer mitmacht, erhält auch seinen Anteil und dort, wo nichts zu holen war, sind viele doch immer noch lieber Terroristen geworden als deren Opfer. Die irakische Guerilla bestand und besteht weiter aus Männern, die nichts anderes gelernt haben als die professionelle Anwendung von Gewalt, denen aber der Staat abhanden gekommen ist, der sie einst hervorbrachte und ernährte. Und wohl, weil sie es so gelernt haben, richteten sie ihren Terror auch von Anfang an überwiegend gegen die Zivilbevölkerung, während die Anschläge auf Einrichtungen der Koalitionstruppen zusehends abnahmen. Wo immer der sogenannte Widerstand antrat, um wahlweise die irakische Nation oder den Heiligen Boden des Islam gegen die Besatzung der Ungläubigen zu verteidigen, stürzte die Bevölkerung in Not. Die erstaunlichste Besonderheit des irakischen Untergrundes aber besteht darin, daß dessen erfolgreichster Vertreter, Muqtada al-Sadr, zugleich auch Teil jener schiitischen Mehrheitsfraktion ist, die den Staat regiert, den er doch eigentlich bekämpft.

Angesichts solcher Kerle läßt sich im Irak nicht einmal mehr mit aller Macht das alte, bei Girodet beschriebene Verhältnis vortäuschen, das dem wilden Verteidiger das Recht der Aufrichtigen und echte Individualität verlieh. Saddam, Sadr und Zarkawi entsprachen (bzw. entsprechen) so offensichtlich nicht Prinz, Krieger und Sklave, daß sie aller gegen die USA weltweit gehegten Feindschaft zum Trotz keine ernsthafte Unterstützung finden konnten. Nun waren bereits Girodets verzweifelte Heroen, wie die Idee des Individuums überhaupt, eine Erfindung des Abendlandes, deren Sinn darin bestand, dieses mit der eigenen, ihm innewohnenden Barbarei zu konfrontieren. Die jeder Individualität beraubten Killer im Irak haben indessen eine Gewalt entfesselt, die solche Projektion unmöglich macht. Was im Irak als Widerstand auf den Plan trat, war derart verroht, daß man darin nicht einmal den hässlichsten Teil des Abendlandes gespiegelt sehen möchte.

Völlig verkehrt hat sich das unterstellte Verhältnis für die andere Seite. Noch als amerikanische Truppen bereits kurz vor Bagdad standen, verkündete die irakische Führung eine heroische Verteidigungsschlacht. Als diese ausfiel, wollten das weder Iraker noch einrückende Amerikaner so recht glauben. Saddam Hussein und seine Führungsriege waren, allem Anschein zum Trotz, weder in der Lage, Bagdad in den von seinem Informationsminister beschworenen Feuerball zu verwandeln, noch trachteten sie danach, bei einer Verteidigungsschlacht ihr Leben zu riskieren. Die »heroischen Verteidiger« Bagdads versteckten sich stattdessen in Erdlöchern oder hatten bereits längst im Ausland die finanzielle Vorsorge für ein bequemes Leben im Exil getroffen. Dieses Verhalten hatte nicht nur vorhersehbare persönliche Gründe. Es existierte, wie sich schnell herausstellte, außer dem zusammengerafften persönlichen Reichtum in ihren Palästen nichts, was Saddam Hussein oder Tarik Aziz hätten verteidigen können. Ihre ruhmreiche Armee war in Wirklichkeit nur noch ein schlecht organisierter und verelendeter Haufen, ihr alles verschlingender Verwaltungsapparat unfähig, ihre Nachrichtendienste derart ideologisiert, daß sie die Realität nicht zu sehen vermochten und ihr starker Staat bereits derart ausgehöhlt, daß er wenige Stunden nachdem der erste amerikanische Panzer in Bagdad einrollte grußlos in sich zusammenbrach. Dreißig Jahre lang hatten die Ba’thisten die Bevölkerung gegen die angeblich jederzeit drohende Invasion der Feinde mobil gemacht, Giftgas gebraut und an ihren al-Hussein Raketen geschraubt. Als die Invasion dann endlich kam, ging plötzlich nichts mehr.

Das stellte wiederum die Koalitionstruppen vor ein schier unlösbares Problem. Was man vorfand hatte nichts mit dem antizipierten Gegner zu tun. Die Invasionsarmee, die den Irak von Saddam Hussein befreite, war zwar durchaus in der Lage, auch eine widerständige irakische Armee zu schlagen. Auf die Übernahme der Organisation und Durchführung aller öffentlichen Aufgaben im Lande war sie offenkundig aber unvorbereitet. Als die Koalition nach einiger Zeit zögerlich die Rolle einer Besatzungsarmee übernahm, stellte sie sich schnell als wenig fähig heraus, die gesellschaftliche und politische Entwicklung wirkungsvoll zu steuern. Was immer die Koalitionsverwaltung auch tat, war falsch und schien meist nur noch von der Ahnung getrieben, daß Nichtstun noch falscher wäre. Denn während der Ba’th-Staat über Nacht verschwunden war, so wirkten doch die vorangegangenen drei Jahrzehnte ba’thistischer Herrschaft weiter fort. Das große Heer perspektivloser junger Männer, die im Irak heute möglichst friedlich beschäftigt werden müssen, die gravierende Brutalisierung auch privater Beziehungen, die über Jahrzehnte eingeübte Flucht vor dem Staat in Stammesstrukturen, Regional- und Familienverbände und nicht zuletzt auch die Renaissance islamischer Sekten sind nicht das Ergebnis amerikanischer Besatzungspolitik, sondern Teil des gesamtgesellschaftlichen Erbes, das drei Jahrzehnte arabischer Sozialismus hinterlassen haben.

Daß man diese Situation nicht antizipiert hatte, mag vielerlei Gründe haben. Üblicherweise wird dies mit der ideologischen Verblendung der Bush Administration erklärt, mit einer Art Verschwörung der Neo-Cons oder mit den eigennützigen Lügen der exilierten irakischen Opposition. Naheliegender ist, daß das den militärischen wie politischen Planungen zugrundegelegte Verständnis zwar eine Befreiung der Bevölkerung beinhaltete, allerdings selbst über keinen anderen als strategischen Begriff von ihr verfügte. Zielte die »Operation Iraqi Freedom« ihrem Selbstverständnis nach auf den Bruch mit dem in Girodets »Revolte von Cairo« dargestellten Verhältnis, so wurde es in der Planung zugleich perpetuiert. Solcherart kann ein Vorverständnis die Realitätswahrnehmung überlagern, daß noch das naheliegendste als abwegig erscheint. Das Verhalten der Iraker während der Invasion löste ernsthaft Verwunderung aus: Diese kämpften weder bis zum letzten Mann gegen die Koalitionstruppen, noch stellten sie sich mutig an die Seite ihrer Befreier. Die meisten blieben einfach in Deckung, bis die Schießerei vorbei war. Daß die bis heute nicht aufgehört hat, ist eine weitere Tragödie des Irak.

Nicht die heroischen Verteidiger Bagdads, sondern die Armut und die Gewalttätigkeit, die diese lange vor der Invasion erzeugt haben, bewirkten in den Jahren seit der Befreiung einen strategischen Rückzug der USA. Von der Liberation Policy, die mit dem Sturz Saddam Husseins eine Demokratisierung auch der verbündeten arabischen Despotien in Aussicht stellte, ist die Bush-Administration längst abgekommen und zur bewahrenden Absicherung ihrer Interessen zurückgekehrt. Eine weitere Destabilisierung von Staaten wie Saudi Arabien, so die Einsicht heute, ist denkbar unerwünscht. Tatsächlich sind die Erfahrungen, die im Irak in den vergangenen fünf Jahren gemacht wurden, nicht eben ermutigend. Sie lassen erahnen, was auch andernorts unter der dünnen Oberfläche gewaltsam aufrechterhaltener Ordnung gärt und zu erwarten steht, gerät nur einmal das fragile Gerüst aus Ideologie und Unfreiheit ins Wanken. Sie legen damit andererseits eindringlich nahe, wie notwendig der Regime Change im Nahen Osten ist. Das einzige wirksame Mittel gegen die fatale Mischung aus Armut, Despotie und Islam ist nach wie vor die Befreiung der Bevölkerung von allen dreien. Daran hat der Irak nichts geändert, lediglich nahegelegt, daß es dazu noch weit mehr bedarf als einer Invasion.

Das alte Verhältnis zwischen Orient und westlicher Moderne aber, für das Girodets Bild beispielhaft steht, war stets eine Lüge. So wie Saddam Hussein niemals wirklich ein Saladdin wurde, so verteidigten die mutigen Kämpfer auch selten wirklich mehr, als ihre eigene Haut. Die erfolgreichste Lüge aber ist im eigentlichen Sinne nur eine Auslassung: An keinem Fleck seines Bildes findet sich ein Hinweis auf ein auch nur irgendwie ziviles Leben. Keine Frau stört das Getümmel, kein Kind weint über den Aufruhr, keine Katze bringt sich in Deckung, keine Ernte geht in Flammen auf. Es ist, als habe Girodet das spätere Programm des arabischen Nationalismus vorwegnehmen wollen, dem alles zivile Leben gleichsam wie Verrat erschien und der daher die gesamte Gesellschaft militarisierte. Und wenn es nur dafür wäre, daß sie dieser Lüge nicht aufgesessen sind, gilt den Befreiern von Bagdad der Dank.


Artikel erschienen in konkret 6/08


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